Egal, ob Handel, Unterhaltung oder Bankgeschäfte, immer mehr Dienstleistungen werden online erbracht. Innerhalb von nur sechs Jahren verdoppelte der Online-Handel seinen Umsatz, von 42 Milliarden Euro im Jahr 2014 auf mehr als 80 Milliarden Euro im Jahr 2020.
Auch der Markt für die Entwicklung von Software und Apps boomt. Der Markt reicht von Spielen bis hin zu spezialisierten Fachanwendungen für einzelne Berufsgruppen und Branchen. Davon profitieren nicht nur Programmierer. Auch E-Commerce-Spezialisten, Online-Redakteure, Spezialisten für Suchmaschinenoptimierung oder Mediendesigner sind immer gefragter. Wie gelingt der Einstieg und welche Ausbildung ist nötig? Haben auch Quereinsteiger eine Chance in digitalen Jobs?
Welche Fertigkeiten wichtig sind, hängt vorrangig von der Tätigkeit ab. Gute Mediengestalter benötigen andere Kenntnisse als Programmierer. Etwas technisches Grundverständnis ist aber bei den meisten Aufgaben von Vorteil, ebenso die Fähigkeit, sich in die Nutzer hineinversetzen zu können.
Bei vielen Digitalunternehmen wird außerdem ein hohes Maß zur Selbstmotivation vorausgesetzt. Sie arbeiten mit flachen Hierarchien. Wer nur unter Anleitung und Kontrolle arbeiten kann, ist deshalb meist nicht gern gesehen.
Digitale Berufe stehen nicht nur Menschen mit Studium offen, oft sind auch Fachkräfte mit dualer Berufsausbildung oder sogar Quereinsteiger willkommen. Viele Berufe sind sowohl über eine Ausbildung, als auch ein Studium zugänglich. So gibt es neben dem studierten Informatiker auch den Ausbildungsberuf Fachinformatiker.
Berufe wie Fachinformatiker oder Kaufmann/-frau E-Commerce sind Ausbildungsberufe. Sie werden also als Ausbildungsplätze von Unternehmen angeboten und die Auszubildenden besuchen parallel zur Ausbildung im Betrieb eine Berufsschule.
Beide Berufe setzen theoretisch keinen bestimmten Schulabschluss voraus, in der Praxis ist aber meist die Mittlere Reife, oft sogar das Abitur die Zugangsvoraussetzung. So hatten nach einer Erhebung der Bundesagentur für Arbeit nur 5 Prozent der Ausbildungsanfänger im Beruf des Kaufmanns beziehungsweise der Kauffrau E-Commerce als höchsten Abschluss die Hauptschule absolviert, weitere 2 Prozent haben die Schule ohne Abschluss verlassen. Dagegen hatten 62 Prozent Abitur oder einen vergleichbaren Abschluss. Natürlich bieten digitale Unternehmen auch klassische Ausbildungsberufe an, beispielsweise in der Bürokommunikation oder der Buchhaltung.
Ein hoher Anteil der Beschäftigten in Digitalberufen hat ein Studium absolviert. In die technischen Berufe führt längst nicht mehr nur der Studiengang der Informatik, auch wenn dieser nach wie vor eine gute Einstiegsmöglichkeit ist. Daneben gibt es aber auch zahlreiche Spezialisierungen wie Wirtschafts-, Medien- oder Bioinformatik. Diese Studiengänge kombinieren technisches Wissen mit Fachwissen aus Anwendungsbereichen. Beim Studium der Medieninformatik beispielsweise werden nicht nur technische Kenntnisse vermittelt, sondern die Studierenden besuchen auch Kurse wie Medienwissenschaften oder Storytelling. Aber auch Kommunikationsdesigner oder Datenwissenschaftler (Data Scientists) sind gefragt, ebenso klassische Abschlüsse wie Betriebswirtschaft oder Recht. Viele Studiengänge werden mittlerweile auch als duales Studium angeboten. Dabei werden Ausbildungsinhalte an der Hochschule mit Praxiszeiten in einem Unternehmen oder einer Behörde kombiniert.
In den vergangenen Jahrzehnten war eine deutliche Professionalisierung im Digitalgewerbe zu beobachten, auch weil spezielle Studiengänge und Ausbildungswege geschaffen wurden. Doch noch immer haben Quereinsteiger eine Chance. Am einfachsten geht das, wenn das alte Berufsfeld erhalten bleibt. Wer bisher Zeitungsanzeigen gestaltet hat, findet sich schnell auch in der Designabteilung eines Digitalunternehmens zurecht.
Aber auch der Start in andere Berufe ist teilweise immer noch möglich. Wer beispielsweise auch ohne entsprechende Fachausbildung gute Programmier- oder SEO-Kenntnisse erworben hat, kann oftmals auch als Seiteneinsteiger einen Job als Programmierer bzw. SEO-Manager finden. Daneben sind häufig Fachleute gefragt, die über Branchenkenntnisse verfügen, bzw. fachliche Anforderungen für die Entwickler „übersetzen“ können.
Dabei können Weiterbildungsangebote helfen und für bestimmte Berufe sogar Zertifikate erworben werden. So können sich Quereinsteiger als SAP-Berater zertifizieren lassen, wenn sie das entsprechende Wissen mitbringen.
Gute digitale Angebote müssen zuverlässig, sicher und benutzerfreundlich gestaltet sein und die Anforderungen ihrer Nutzer erfüllen. Damit das klappt, arbeiten Menschen mit unterschiedlichen Qualifikationen zusammen. In der Praxis überscheiden sich die einzelnen Aufgabenbereiche oft und die gleichen Personen sind häufig in mehreren Bereichen aktiv. Game-Designer beispielsweise, können Spiele sowohl konzeptionieren als auch entwickeln.
Gute digitale Produkte müssen von der Seite der Kunden gedacht sein. Das zu gewährleisten ist Aufgabe unterschiedlicher Berufsgruppen, beispielsweise:
Je komplexer und umfangreicher Digitalangebote werden, umso wichtiger ist Benutzerfreundlichkeit. Diese zu erhöhen ist Aufgabe des UX-Designs, wobei die Abkürzung UX für User Experience steht, also Benutzererlebnis. Ziel ist es, dass Besucher sich intuitiv auf der Seite, in der App oder dem Programm zurechtfinden und schnell zu den gewünschten Informationen, Funktionen oder Produkten gelangen.
Unterstützt werden sie dabei von Digitalanalysten, die Anforderungen der Zielgruppe analysieren. Im Online-Bereich werten Webanalysten Nutzerdaten mit Tools wie Google Analytics, Matomo oder Open Web Analytics aus. So erfahren sie nicht nur, welche Beiträge besonders häufig gelesen werden, sondern auch, ob die Besucher anschließend weitere Seiten aufrufen oder abspringen, wie lange sie blieben und mitunter sogar, an welcher Stelle im Text sie aufhören zu lesen. Mit diesem Wissen lassen sich die Webseiten weiter optimieren. Verwandt ist die Aufgabe der IT-Analysten bei der Erstellung neuer Programme oder neuer Apps. Sie haben die Aufgabe, Geschäftsprozesse zu analysieren und darauf aufbauend die Software zu planen. Während Webanalysten oft Quereinsteiger sind, haben IT-Analysten meist eine technische Ausbildung.
Software-Architekten planen nicht nur die Software selbst, sondern auch die Einbindung in die bestehende Software-Landschaft eines Unternehmens. Zu ihrer Aufgabe gehört auch die Auswahl und Anpassung von Standardsoftware für einzelne Firmen. Sie organisieren außerdem den Arbeitsablauf – und überwachen ihn später.
Bei vielen Angeboten kommen noch Fachspezialisten hinzu. Eine Software für Steuerberater beispielsweise, lässt sich nicht ohne Steuerexperten entwickeln. Gefragt sind vorwiegend Spezialisten, die zwischen den Fachabteilungen und den technischen Experten vermitteln können. Sie verstehen, was die Kunden benötigen, haben aber auch eine Vorstellung davon, wie sich das technisch umsetzen lässt.
Komplexe Softwareprojekte müssen gut geplant sein. Das ist die Aufgabe von IT-Managern. Sie koordinieren die Entwicklung und begleiten später den laufenden Betrieb. Damit ähnelt ihre Tätigkeit der von IT-Berater, die als Selbstständige oder als Angestellte von Beratungshäusern andere Unternehmen unterstützen.
Oft kommen bei der Softwareentwicklung heute sogenannte agile Methoden wie Scrum zum Einsatz. Scrum wendet sich von klassischen hierarchischen und an langfristigen Plänen ausgerichteten Vorgehensweisen ab und betont stärker Flexibilität und kurze Entwicklungsschritte mit häufigem Kunden-Feedback. Eine Zusatzqualifikation zum Scrum-Master kann deshalb sinnvoll sein.
Dabei ist der Übergang zum Software-Entwickler fließend. Diese setzen schließlich die Wünsche der Kunden unter Berücksichtigung des Bauplans der Software-Architekten und der Projektplanung der IT-Manager um.
Speziell mit der Entwicklung von Computer-Spielen befassen sich Game-Designer. Sie konzipieren und programmieren Spiele. Aktuell werden im Bereich Game-Design sowohl Studiengänge angeboten, als auch Berufsausbildungen.
Ist die Software fertig entwickelt, muss sie noch ausgiebig getestet werden. Auch dafür gibt es Spezialisten. IT-Tester konzipieren zunächst die Prüfungsschritte und erstellen die Testumgebung. Dann führen sie die Tests durch, die teilweise automatisiert ablaufen. Schließlich werden Fehler erfasst und ausgewertet. Für die Weiterbildung zum IT-Tester gibt es eine bundeseinheitlich geregelte Zertifizierung.
Auch im laufenden Betrieb sind Informatiker gefragt, um einen fehlerlosen Betrieb zu gewährleisten, bzw. um Fehler zu beheben und Abläufe zu verbessern. IT-Administratoren sorgen dafür, dass alles rund läuft. Rund 200.000 Menschen arbeiten in oder rund um Rechenzentren in Deutschland, seien es unternehmensinterne Computeranlagen oder bei Dienstleistern. Dabei geht der Trend in den vergangenen Jahren vom eigenen Rechenzentrum hin zu großen Cloud-Anbietern, bei denen Rechenkapazitäten eingekauft werden. Um die Sicherheit der Daten kümmern sich in beiden Fällen Fachleute für IT-Security.
Nicht übersehen darf man die zahlreichen Arbeitsplätze im Kundenservice und als Administratoren. Aufgabe der Mitarbeiter dort ist es, Computer einzurichten, Zugriffsberechtigungen zu vergeben, kleinere Probleme zu lösen oder Fragen zu beantworten. Dabei ist die Palette der geforderten Qualifikationen sehr breit. Hier arbeiten viele angelernte Kräfte, aber auch studierte Informatiker.
Nicht für alle digitalen Berufe sind fundierte technische Kenntnisse nötig. Bei einigen Jobs liegt der Schwerpunkt im kreativen oder organisatorischen Bereich. Allerdings ist grundlegendes technisches Wissen von Vorteil.
Inhalte visuell aufbereiten, Medien gestalten und sich um die Unternehmenskommunikation kümmern, das ist die Aufgabe von Grafik-, Kommunikations- und Mediendesignern, wobei Letzere weitgehend im Bereich der digitalen Medien arbeiten. Informationsdesigner bereiten Informationen auf und präsentieren diese möglichst optimal. Auch hier gibt es weitere Spezialisierungen: Interfacedesigner entwickeln Benutzeroberflächen von Computerprogrammen und Apps. Ziel ist dabei die größtmögliche Benutzerfreundlichkeit.
Beiträge schreiben, die nicht nur Produkte erklären und vermarkten, sondern oft auch Nutzer überhaupt erst auf eine Seite aufmerksam machen, darum kümmern sich Online-Redakteure und Texter. Deshalb bieten viele Unternehmen in Blogs und Online-Magazinen auch Hintergrundbeiträge. Ein Mode-Versandhändler kann dort beispielsweise über aktuelle Bekleidungstrends berichten. Unterstützt werden sie dabei von SEO-Experten. Diese recherchieren häufig gesuchte Begriffe, schlagen darauf aufbauend neue Themen vor und versuchen Texte so zu optimieren, dass sie später in Suchmaschinen bestmöglich gefunden werden. Vorteilhaft ist es aus Sicht des Unternehmens natürlich, wenn Nutzer die Inhalte selbst erstellen. Ganz ohne Personal geht aber auch das nicht. Community-Manager sorgen dafür, dass Grundregeln eingehalten werden und haben die Aufgabe, das Forum attraktiv zu machen, beispielsweise indem sie offene Fragen zu Produkten beantworten.
Daneben gibt es in Digitalunternehmen zahlreiche weitere Funktionen, die es so oder so ähnlich auch in Unternehmen anderer Branchen gibt, etwa Marketing-Fachkräfte, Juristen oder klassische Verwaltungsmitarbeiter.
Nicht immer ist es so einfach, die einzelnen Aufgabenbereiche zu trennen. Planung und Entwicklung sind oft in einer Hand, teilweise auch der laufende Betrieb. Wie ausdifferenziert die Tätigkeiten sind, hängt nicht zuletzt von der Größe des Unternehmens ab.
Digitale Berufe haben Zukunft. Nicht nur das starke Wachstum spricht für digitale Berufe, sie bieten noch weitere Vorteile. Viele Menschen schätzen das kreative Arbeiten. Das gilt nicht nur in Bereichen wie dem Mediendesign. Auch bei der Konzeption oder bei scheinbar trockenen Tätigkeiten wie der Suchmaschinenoptimierung (SEO) sind Ideen gefragt. Gerade bei kleineren Unternehmen, wo die einzelnen Funktionen weniger differenziert sind, ist die Vielfalt der Aufgaben ein weiterer Pluspunkt. Produktmanager müssen sich dort mit wichtigen Kennzahlen, wie den Seitenaufrufen, ebenso auskennen, wie neue Ideen entwickeln können oder technische Grundkenntnisse haben.
In vielen Bereichen lassen sich außerdem gute Gehälter erzielen. Das gilt für technische Berufe, aber auch Designer verdienen meist gut. Allerdings gibt es hier große Unterschiede, abhängig vom Arbeitgeber und der Tätigkeit. Positiv ist für Beschäftigte auch die hohe Flexibilität. Weil sich digitale Aufgaben von überall auf der Welt aus erledigen lassen, bieten viele Firmen großzügige Regelungen zur Telearbeit. Dies erleichtert auch den Start in eine Selbstständigkeit.
Die Digitalwirtschaft bietet nicht nur zukunftsfähige Arbeitsplätze, sondern auch eine breite Vielzahl an unterschiedlichen Tätigkeiten. Neue Berufe wie Game-Designer, Bio-, Medizin- oder Wirtschaftsinformatiker verbinden technisches Wissen mit Fachwissen aus unterschiedlichen Bereichen. Sowohl Technik-Freaks, als auch kreative Köpfe sind gefragt. Auch wenn es für Quereinsteiger in den vergangenen Jahren schwerer geworden ist, haben auch sie doch gute Karten in diesem Bereich. Allerdings ist oft die Mittlere Reife die Mindestvoraussetzung, die meisten Beschäftigten haben sogar Abitur. Wer keinen der beiden Abschlüsse besitzt, kann durch Engagement und gute Leistungen aber vieles wettmachen.