Kündigung in dritter Instanz für rechtens erklärt: Im Frühjahr 2013 entließ das Land Sachsen-Anhalt einen Angestellten des Oberlandesgerichts in Naumburg fristlos, weil er auf seinem Dienstrechner jahrelang Raubkopien aus dem Internet geladen und tausendfach auf behördeneigene Rohlinge gebrannt hatte. Weil den Mitarbeitern der Behörde private Computernutzung erlaubt ist und Downloads aus dem Internet zumindest geduldet wurden, zog der Mann zunächst erfolgreich vor Gericht. Der Fall ging durch zwei Instanzen, bis schließlich das Bundesarbeitsgericht im Juli 2015 die Kündigung für rechtens erklärte.*
Dass dieser vermeintlich eindeutige Fall durch mehrere Instanzen gehen konnte, zeigt dass der Umgang mit dem Dienstrechner großenteils immer noch in einer rechtlichen Grauzone stattfindet. Die meisten Arbeitgeber haben die private IT-Nutzung nicht geregelt, und selbst wenn entsprechend einem früheren Urteil des Bundesarbeitsgerichts nach dem Grundsatz verfahren wird, dass verboten ist, was nicht ausdrücklich erlaubt ist, was passiert, wenn der Arbeitgeber von der privaten Nutzung weiß und diese duldet?
Rechtsstreitigkeiten um eine nicht auf die Arbeit bezogene Nutzung der firmeneigenen Hardware und des Webs kreisen meistens um zwei voneinander abzugrenzende Themenbereiche:
Grundsätzlich gilt, dass kein Anspruch auf eine private Internetnutzung am Arbeitsplatz besteht, d.h. der Chef kann die private Nutzung ganz oder in bestimmtem Umfang erlauben oder verbieten und auch festlegen, ob die private Nutzung während der Arbeitszeit oder nur in der Pause stattfinden darf. Die private Computer-/Internetnutzung wird gelegentlich bereits im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung geregelt, meist jedoch nach mündlicher Absprache. Die folgenden Fälle müssen unterschieden werden:
Am sichersten geht der Arbeitnehmer, wenn eine Klausel im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung, ein Rundbrief der Geschäftsleitung oder eine mündliche Genehmigung vonseiten des Chefs (für die es im Zweifelsfall Ohrenzeugen geben sollte) die maßvolle private Nutzung des Firmenrechners ausdrücklich gestatten.
Wenn der Arbeitgeber das Surfen im Internet generell untersagt, verstößt auch ein Einstieg ins WLAN des Arbeitgebers mit dem privatem Smartphone, Notebook oder Tablet gegen diese Regel. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Geschäftsleitung hier keinen Zugriff auf die Verbindungsdaten hat. Im Streitfall bleibt der Firmenleitung nur die Möglichkeit, Zeugen der Zuwiderhandlung zu zitieren.
Als Auslegungssache präsentiert sich nach wie vor die Beweiskraft von Verbindungsdaten. Wurde die Nutzung des Internets zu privaten Zwecken von der Firma explizit verboten, darf der Arbeitgeber Stichproben vornehmen beziehungsweise von der IT-Abteilung durchführen lassen, um das Surfverhalten der Mitarbeiter auszuleuchten. Nicht erlaubt ist es Vorgesetzten dagegen, private E-Mails oder Chats des/der Verdächtigten zu lesen. Besteht ein begründeter Verdacht, dass der Mitarbeiter sich nicht an die Betriebsordnung hält, dürfen E-Mails stichprobenartig geöffnet werden - allerdings nur, wenn diese nicht eindeutig als privat erkennbar sind.
Grundsätzlich greift der Persönlichkeitsschutz des Arbeitnehmers also auch dann, wenn die private Computernutzung nicht genehmigt ist. Intensivere Überwachung allerdings, zum Beispiel langfristige Protokolle des Verhaltens am Computer, muss in der Dienstvereinbarung festgehalten sein, und zwar detailliert unter Angabe von Grund, Form und Zeitraum, sowie gegebenenfalls mit dem Placet des Betriebsrats.
Der Arbeitgeber darf auf einzelnen Computern keine Programme installieren, die Arbeitsweise und Verhalten am PC überwachen und protokollieren. Ebenso sind Anwendungen verboten, mit denen sich die Tippgeschwindigkeit beziehungsweise die Anzahl der Mausklicks messen lassen, oder die eine Liste der geöffneten Dateien wiedergeben. Auch die Überwachung von Leistung und Verhalten per Ton- und/oder Videoüberwachung ist nicht erlaubt. Neben der Option einer Unterlassungsklage garantiert das Arbeitsrecht Beschäftigten hier sogar das Recht auf Arbeitsverweigerung, wenn der Arbeitgeber trotz mehrmaliger Aufforderung dem nicht nachkommt.
Eine Ausnahme stellt die anlassbezogene Überwachung dar. Hierzu gehören die Überwachung von Räumen mit einem höheren Gefahrenrisiko (Schalterhalle in der Bank, Verkaufsraum beim Juwelier, oder Räume, in denen mit potenziell gefährlichen Substanzen oder Maschinen gearbeitet wird) oder wenn Mitarbeiter anscheinend in kriminelle Handlungen verwickelt sind. Doch egal, wie die Kontrolle aussieht und warum sie angebracht erscheint: Technik und Umfang der Beaufsichtigung bedürfen stets der Absprache mit dem Betriebsrat (sofern vorhanden). Ansprechpartner für Beschwerden von Seiten des Arbeitnehmers ist, falls vorhanden, der Datenschutzbeauftragte des Betriebes. Fehlt dieser, so wäre der Betriebsrat der nächste Ansprechpartner oder ggf. auch der Landesdatenschutzbeauftragte, bzw. die Aufsichtsbehörde des entsprechenden Bundeslandes.
* Pressemitteilung zum Urteil: www.bag-urteil.com/16-07-2015-2-azr-85-15/