Zeitarbeit galt viele Jahre lang als unattraktiv für die Beschäftigten. Doch die Etablierung von Tarifverträgen und die veränderte Arbeitsmarktsituation haben dazu geführt, dass die Zeitarbeitsunternehmen (verallgemeinernd auch Personaldienstleister genannt) heute deutlich mehr bieten müssen als in der Vergangenheit. Vor allem für den Berufseinstieg oder den Wiedereinstieg in den Beruf bietet Zeitarbeit viele Vorteile.
Als „organisiertes Job-Hopping“ bezeichnete manager-magazin.de die Zeitarbeit einst. Und: Ein ständiger Arbeitgeberwechsel sehe im Lebenslauf nicht gut aus. Eine eklatante Fehleinschätzung! Bei der Arbeitnehmerüberlassung, wie es offiziell heißt, ist und bleibt immer das Zeitarbeitsunternehmen der Arbeitgeber, auch wenn der Einsatzort wechselt. So können z.B. Berufseinsteiger verschiedene Firmen und Tätigkeiten zunächst risikolos kennenlernen.
Das ist aber nicht der einzige Vorteil der Zeitarbeit. Die Einstiegshürden sind hier üblicherweise niedrig. Wo andere Firmen eine einschlägige Ausbildung und mehrjährige Berufserfahrung fordern, akzeptieren Zeitarbeitsunternehmen oft den Quereinstieg.
Auch Ältere haben hier Chancen, während anderswo Beschäftigte ab 45 teilweise schon als zu alt gelten. Frauen, die nach der „Familienphase“ den Wiedereinstieg ins Berufsleben erwägen; Schüler und Studenten, die ihre Ferien dazu nutzen wollen Geld zu verdienen oder erste Einblicke in das Berufsleben zu gewinnen; Berufsanfänger, die nicht von ihren Ausbildungsbetrieben übernommen wurden oder einfach ihre Einsatzmöglichkeiten am Arbeitsmarkt sondieren wollen; Langzeitarbeitslose, die den Weg zurück in die Arbeitswelt suchen; Migranten, die nur über lückenhafte deutsche Sprachkenntnisse verfügen oder Berufsabschlüsse haben, die in Deutschland nicht anerkannt werden; Leute, die sich ihr Arbeitsleben anders als „normal“ wünschen und z.B. nur zu bestimmten Zeiten am Tag, im Monat oder im Jahr arbeiten wollen – sie alle haben reelle Chancen in der Zeitarbeit.
Weil viele Beschäftigte bei einem Kundenunternehmen bleiben, benötigen die Zeitarbeitsfirmen außerdem regelmäßig „Nachwuchs“.
Fast jede vierte offene Stelle, die bei den Arbeitsämtern (vor allem Agenturen für Arbeit und Jobcenter) gemeldet war, wurde 2022 von einem Zeitarbeitsunternehmen ausgeschrieben. Im Monatsdurchschnitt gab es 2022 rund 200.000 offene Stellen in der Zeitarbeit, bei rund 827.000 den Arbeitsämtern gemeldeten Stellen insgesamt. Bei den neu gemeldeten Stellen war der Anteil sogar noch höher und lag hier bei über 26 Prozent. Der Grund für diese Differenz ist die Tatsache, dass Zeitarbeitsstellen weniger lang unbesetzt bleiben. Auch das ist eine Folge der großzügigeren Einstellungspraxis.
Ein Zeitarbeitsverhältnis ist ein Arbeitsverhältnis wie jedes andere auch, mit vollem arbeits- und sozialrechtlichem Schutz (Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsentgelt usw.). Das Zeitarbeitsunternehmen ist – wie erwähnt – der Arbeitgeber. Das bedeutet, dass Interessierte sich dort bewerben müssen und später von dieser Firma ihren Lohn und schließlich auch ihr Arbeitszeugnis bekommen. Der Unterschied: Einsatzort ist im Regelfall aber das Kundenunternehmen. Die dortigen Führungskräfte teilen die Zeitarbeitskräfte für die jeweiligen Arbeiten ein und sind während des Einsatzes de facto die Vorgesetzten.
Überwiegend dauert der Einsatz nur wenige Monate. Oft sollen Zeitarbeitskräfte helfen, kurzfristige Auftragsspitzen abzudecken oder krankheitsbedingte Lücken zu schließen. Endet der Einsatz, dann wechseln die Zeitarbeitskräfte nicht selten zu den Kundenunternehmen, anderenfalls muss die Zeitarbeitsfirma einen neuen Einsatz für die Beschäftigten finden. Oft bieten die Personaldienstleister in einsatzfreien Zeiten aber auch Weiterbildungen an. In jedem Fall aber, erhalten die Beschäftigten während einsatzfreier Zeiten weiter ihr Gehalt. Wie jedes andere Unternehmen, dürfen auch Zeitarbeitsfirmen die Lohnzahlung nicht einfach einstellen, nur weil keine Aufträge vorhanden sind.
Zeitarbeit ist streng reguliert. Die Firmen müssen eine Erlaubnis der Agentur für Arbeit haben, einen einschlägigen Tarifvertrag anwenden oder dieselben Arbeitsbedingungen bieten, wie sie die vergleichbaren Beschäftigten der Einsatzunternehmen erhalten.
Natürlich kann es auch schwarze Schafe geben. Eine Reihe von Kriterien weist darauf hin, ob ein Zeitarbeitsunternehmen seriös ist. Die wichtigsten davon sind:
Eines der Indizien dafür, dass es sich um eine seriöse Zeitarbeitsfirma handelt, ist die Mitgliedschaft in einem Branchenverband. Aktuell gibt es davon zwei, den Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) und den Interessenverband Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ). Beide haben einen Tarifvertrag mit Mitgliedsgewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) abgeschlossen.
Neben der notwendigen Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung gibt es Zertifizierungen auf freiwilliger Basis, etwa zur Einführung eines Arbeitsschutzmanagementsystems oder eines integrierten Managementsystems.
Aussagekräftiger als solche Zertifizierungen sind aber oft die Erlebnisse anderer Beschäftigter. Einen ersten Einblick bieten Portale wie kununu, eine Tochter des Karrierenetzwerks Xing. Dort erhält jedes Unternehmen nicht nur eine Gesamtnote, es werden auch einzelne Teilbereiche wie die Unternehmenskultur oder das Gehalt bewertet.
Einige Zeitarbeitsfirmen unterhalten sogar eigene Schulungszentren. Vermittelt werden dort üblicherweise Kenntnisse, die sich in kurzer Zeit erlernen lassen. Weil die meisten Beschäftigten nicht lange bei dem Zeitarbeitsunternehmen bleiben, lohnt es sich in der Regel nicht, in lange andauernde Schulungen zu investieren. Gerade deshalb aber ist ein Schulungsangebot in Zeitarbeitsfirmen, die meist eine hohe Fluktuation bei den Mitarbeitern haben, aber dort wo es möglich ist doch auf eine langfristige Bindung und Mitarbeiterentwicklung setzen, ein Zeichen für Seriosität.
Zeitarbeitsunternehmen bieten Beschäftigungen mit unterschiedlichsten Qualifikationen. Zwar ist der Anteil im Bereich der Un- und Angelernten überproportional hoch, doch auch Fachkräfte werden gesucht. Schwerpunkt der Tätigkeiten sind immer noch die Produktionsberufe mit über 40 Prozent, gefolgt von wirtschaftlichen Dienstleistungsberufen in Bereichen wie Logistik/Lager, Verkehr, Reinigung oder Sicherheitsdienste. Doch Zeitarbeitsfirmen suchen in fast allen Tätigkeitsfeldern neue Mitarbeiter, z.B. auch im kaufmännischen Bereich oder bei Pflegeberufen, nur eben anteilig seltener. Dabei gibt es auch Unternehmen im Bereich der Zeitarbeit, die auf bestimmte Branchen spezialisiert sind. Einige Personaldienstleister haben sogar besondere Angebote für Akademiker und hochspezialisierte Fachkräfte geschaffen. Insgesamt sind solche Tätigkeiten aber die Ausnahme.
Wer arbeitslos gemeldet ist, wird früher oder später wahrscheinlich auch Angebote von Zeitarbeitsunternehmen erhalten. Es ist aber auch möglich, sich direkt dort zu bewerben. Zeitarbeitsunternehmen schreiben ihre Stellen überwiegend öffentlich aus, z.B. als Stellenanzeigen in den Tageszeitungen und in Internet-Jobbörsen. Daneben ist es meistens möglich, sich initiativ zu bewerben, auch wenn gerade keine passende Stelle ausgeschrieben ist. Das Zeitarbeitsunternehmen wird sich dann melden, wenn Bedarf besteht.
Gerade beim Einstieg oder Wiedereinstieg in den Beruf hat Zeitarbeit viele Vorteile. Allerdings hat diese Arbeitsform auch Nachteile. Obwohl die Gehälter in der Zeitarbeit in den vergangenen 20 Jahren deutlich angestiegen sind, ist das Einkommen oft niedriger als in den Einsatzbetrieben. Aber auch der ständige Wechsel der Arbeitsstelle wird von manchen Menschen nach einiger Zeit als negativ empfunden. Immer wieder neue Kolleginnen und Kollegen, immer wieder neue Aufgaben, das ist nicht jedermanns Sache. Eine häufig verfolgte Strategie ist es deshalb, auf die Übernahme durch einen Kundenbetrieb zu setzen und dafür zunächst einige Unternehmen und Einsatzorte auszuprobieren, um falls möglich schließlich bei einem Unternehmen zu bleiben, das gute Konditionen, eine spannende Aufgabe und ein angenehmes Arbeitsumfeld bietet.
Nur wenige Menschen wollen dauerhaft in der Zeitarbeit arbeiten. Doch gerade für den Einstieg oder Wiedereinstieg ist diese Beschäftigungsform häufig gut geeignet. Zeitarbeit bietet Möglichkeiten, die konventionelle Arbeitsverhältnisse nicht bieten, wie das Kennenlernen verschiedener Unternehmen und Tätigkeiten, inkl. der Chance auf die Übernahme durch einen Kundenbetrieb, mit dem man bereits positive Erfahrungen gesammelt hat.